Sonntagsfrühstück

«Da wirds gewaltig krachen. Die bekommen die Krise im Irak nicht in den Griff.» Gemütlich sitze ich über die Sonntagszeitung gebeugt. Neben dem Futter für den Geist liegt das für den Körper, ein Teller Speck mit Ei, begleitet von einem Buttertoast. Und mir gegenüber sitzt die beste aller Zuhörerinnen: «Meinst Du?»

Ich hatte sie bereits über die Tendenzen auf dem Venture-Capital-Markt, über die Meinungen zur aktuellen Aufführung am Stadttheater und über die neuesten Computer-Modelle informiert. Ihre Antworten ähnelten sich dabei sehr und schwankten zwischen «Kann sein» und «Aha». Mir kommt ein schwer wiegender Verdacht.

«Hörst Du mir überhaupt zu oder hast Du wieder Deinen Antwort-Autopiloten eingeschaltet?» Mit einem trotzigen Blick schluckt sie ihr Joghurt hinunter. «Du hältst wieder Deine Monologe zum Weltgeschehen. Und vergisst darüber die wichtigen persönlichen Themen.»

Empört hole ich zu einem Plädoyer für die Allgemeinbildung aus. «Du musst doch auch über Deinen Tellerrand schauen. Die Geschehnisse in der Welt haben ja auch einen Einfluss auf unser eigenes Leben!» «Welchen denn?» er widert sie nun leicht verärgert. «Du investierst kein Geld im Venture-Capital-Markt, Du hast nie Lust auf Theater, und solange Du nichts installierst, funktioniert unser Computer ausgezeichnet.»

«Die Auswirkungen sind halt nicht immer direkt». Ich bin nun bereit für eine längere Sonntagsdiskussion. «Und welches sind die wichtigen persönlichen Themen?» frage ich hämisch. Sie blickt mich kühl an. «Deine Mutter hat heute Geburtstag und Du hast kein Geschenk!»

publiziert im Journal 4-07