Haute Cuisine
Einmal in der Woche lässt mich meine Herzdame kochen. «Aber mach nicht so lange wie letztes Mal!», ermutigt sie mich jeweils. Doch ich lasse mir meine Kochkreativität nicht begrenzen.
Sorgfältig breite ich die Zutaten vor mir aus: Bio, Wildfang, Freilauf – nur das Beste von glücklichen Tieren – und schreite zur fachgerechten Zubereitung. Dafür habe ich mir im Laufe der Jahre eine beachtliche Sammlung an Küchengeräten zugelegt, welche mir oft Bewunderung durch Gäste einbringt – meist männlichen. Aber nie von meiner Herzdame: «Wofür brauchst Du denn so viele Schüsseln?»
Aber ich habe ein Kochkonzept und kann dieses auch schlüssig erläutern: «Die Zwiebeln dürfen den Karotten erst im Topf begegnen, der Spinat muss gekreuzt liegen und für die optimale Geschmacksentfaltung braucht der Knoblauch eine spezielle Schüsselform. Das Material benutzt die NASA übrigens auch.»
«Sicher fürs Knoblauchbraten auf dem Mars», erwidert meine latent fortschrittsskeptische Küchenchefin. Ich nehme den Ball auf: «Das Material des Schneidbretts ist tatsächlich aus dem Kunststoff der Marsmobil-Reifen. Dazu gehören diese selbstschleifenden Keramikmesser, eines für Rinds- und eines für Kalbfleisch.»
«Ich brauch' für sowas nur ein Messer – und eine Schüssel», entgegnet mir meine Herzdame. Im Abgehen erwähnt sie noch beiläufig: «Können wir bald essen? Ich geh' noch ins Kino.» «Wann denn?», rufe ich ihr ungläubig nach. «Während Du Deine Marsmission in der Küche aufräumst und abwäschst.»
publiziert im Journal 1-08