Schwimmen

«Einmal pro Woche etwas Bewegung tut gut», riss mich meine Herzdame aus der Winterträgheit. «Und wozu sonst hast du dir all die neuen Badesachen gekauft?» Widerstand war zwecklos, und so stehen wir nun am Eingang des Hallenbads.

Der Ticketautomat sieht aus, als ob er auch Bahnbillete verkauft, aber wir überwinden ihn. Umgezogen, mit neuer Badehose und Schwimmbrille ausgestattet, erreiche ich das Bassin und stelle fest, dass heutzutage der ambitionierte Schwimmer die mir seit meiner Jugend so verhassten Badekappen mit dem passenden Übernamen «Kopfpariser» trägt. Kommt auf die Einkaufsliste.

Meine Herzdame hat bereits ihre ersten Längen hinter sich gebracht. Selbstbewusst begebe ich mich zur Sportbahn, durch ein Band von den langsamen Sonntagsschwimmern abgetrennt.

Hier herrscht Einbahnverkehr, ohne Kollisionsgefahr mit anderen Badenden. Aber mit Auffahr- bzw. Aufschwimmrisiko, denn meine Höchstgeschwindigkeit erweist sich als zu langsam für die anderen Bahnbenutzer. Nach missbilligenden Blicken von fremden Schwimmbrillen geselle ich mich zu meiner Herzdame im ruhigeren Bassinteil.

«Drüben hats zu viele Wellen, da kann ich nicht optimal beschleunigen. Ausserdem sind Wassertemperatur und Strömungsverhältnisse auf dieser Seite besser.» Der Blick meiner Herzdame verrät, was sie von meiner wissenschaftlichen Argumentation hält.

Ich versuche mit sportlichem Schwimmen ihren Vorsprung an Längen einzuholen. Nach zehn Minuten zieht mich der Bademeister wegen Atemnot aus dem Wasser und erteilt mir wegen mehrfachen Rammens anderer Badegäste Hausverbot.

publiziert im Journal 6-08