Katzentreppe
«Wir haben uns einen Hauskater zugelegt – ethisch korrekt aus dem Tierheim. Zum perfekten Katerglück braucht es einen eigenen Wohnungszugang, tiergerecht durch die Katzentüre im Fenster mit Zubringertreppe vom Garten aus. Erstere liessen wir für teures Geld einbauen, an letzterer werde ich nun mein Handwerkskönnen demonstrieren.
Mit entsetztem Blick auf die aufgetürmten Holzbretter, Nagel-, Schrauben- und Werkzeugsortimente versucht meine Herzdame den drohenden Bastelanfall abzuwenden: «Da springt der doch locker ohne Treppe rauf». Doch ich habe ausschliesslich das Tierwohl vor Augen und will endlich wieder meine Bohrmaschine benutzen: «Das ist zu hoch für ihn, und beim Runterspringen macht er sich die Gelenke kaputt». «Das glaubst du doch nur, weil du bald ein Treppchen brauchst, um auf dein Velo zu steigen», erwidert meine Herzdame und wendet sich resigniert ihrer Gartenpflege zu.
Unbeeindruckt nehme ich die Mission in Angriff – unter peinlich genauer Einhaltung der von mir berechneten Länge, Breite und des Steigungswinkels. Mit Hilfe zahlreicher Nägel, Schrauben und Flüche werden zum Schluss noch die Treppenstufen katzenergonomisch optimiert. Eine Stunde später ziert das Werk unsere Terrasse.
Es fehlt nur noch der Kunde. «Wo ist der Kater?», frage ich meine leicht skeptisch schauende Herzdame. «Oben neben der Katzentüre. Während du mit den Brettern am Kämpfen warst, ist er dauernd rauf und runter gesprungen. Wahrscheinlich sind jetzt alle seine Gelenke kaputt.»
publiziert im Journal 3-09