Vegetarisch

Unser Menü ist heute ayurvedisch-vegetarisch oder ayurvedisch-veganisch.» Die Kellnerin reicht uns die Menükarte, die wir aufmerksam studieren. «Was ist ein ‹Samosa›?» – «Eine Teigtasche, gefüllt mit Spinat.» – «Und was ist das ‹veganische Menü›?» – «Das vegetarische Menü ohne Samosa.»

So weit aufgeklärt, deklamiere ich meine Bestellung: «Dann nehme ich... das ayurvedisch-vegetarische Menü.» Und mit einem herausfordernden Blick an die Kellnerin: «Den Pitta-Broccoli bitte saignant!» Mein Scherz verpufft. «Heute haben wir Kohlrabi statt Broccoli. Was möchten Sie trinken?» Ich wage einen Versuch: «Haben Sie Bier?» – «Wir haben einen Malz-Ingwer-Sirup, ungefiltert. Der ist sehr beliebt.» Ich möchte meinen Lieblingsspruch bringen: «Bitte gerührt, nicht geschüttelt», aber meine Herzdame kommt mir zuvor: «Tönt interessant, das nehmen wir.» Unsere Kellnerin geht ab, und meine Ernährungsberaterin droht mir: «Hör auf mit deinen Sprüchen, sonst bekommst du zu Hause nur noch Salat und Vollkornbrot!»

Nach dem schmackhaften Essen geniessen wir das Dessert, glutenfreien Café und eine Ovo-Lacto-Torte. «Warum wackelst du so herum?» Meine Herzdame sieht mich an. «Ich mache Yoga. Dieser Feng-Shui-Hocker blockiert mein Steissbein-Chakra.» Sie lächelt. «Das Gezappel erinnert mich tatsächlich an deine Yoga-Versuche. Dort hinten ist der Tantra-Corner, da kannst du auf dem Boden sitzen. Vielleicht findest du dort deinen inneren Buddha.» – «Ich bin ja schon ruhig.»

publiziert im Journal 1-13